Lebenswelten deutscher Muslime by Dirk Halm & Martina Sauer

Lebenswelten deutscher Muslime by Dirk Halm & Martina Sauer

Autor:Dirk Halm & Martina Sauer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Bertelsmann Stiftung
veröffentlicht: 2015-11-15T00:00:00+00:00


Auswirkungen der Religiosität auf die Lebenszufriedenheit

Die bisherige Analyse hat ergeben, dass die in Deutschland im Rahmen des Religionsmonitors 2013 befragten Muslime trotz ihrer objektiv schlechteren sozioökonomischen Situation ähnlich zufrieden mit ihrem Leben sind wie die deutlich besser gestellte nicht muslimische Mehrheitsbevölkerung. Es stellt sich überhaupt die Frage, welchen Einfluss Religiosität auf die Lebenszufriedenheit ausübt. Muslime und Nichtmuslime in Deutschland unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Lebenszufriedenheit nur geringfügig, wobei die Muslime auf einer Skala von 1 (vollständig unzufrieden) bis 10 (vollständig zufrieden) den Mittelwert 7,61 erreichen (im Vergleich dazu erreichen Nichtmuslime 7,95), was insgesamt für eine relativ hohe Lebenszufriedenheit spricht.

Haci-Halil Uslucan (2007) weist auf die ambivalenten Folgen muslimischer Religiosität in der Migration hin. Zum einen stiftet sie Orientierung und Sinn in einer Umwelt, die für Einwanderer in besonderem Maße unübersichtlich ist. Zum anderen kann sie selbst Deutungskonflikte verursachen und die Adaption an neue Lebensbedingungen erschweren. Die oben bereits herausgearbeitete besondere Reflexion der Muslime über ihre Religion in Deutschland ist womöglich Ausdruck solcher Konflikte. Jochen Gebauer, Delroy Paulhus und Wiebke Neberich (2012, S. 160) weisen nach, dass ein positiver Effekt von Religiosität auf die Lebenszufriedenheit davon abhängt, wie religiös eine Gesellschaft insgesamt ist – in religiösen Gesellschaften ist ein solcher Effekt vorhanden, in nicht religiösen Gesellschaften jedoch nicht. Dabei treffen sie aber keine Aussagen darüber, wie sich Minderheitensituation und Migration zu diesem Befund verhalten.

Unsere Datenauswertung spricht nicht dafür, den Erklärungsansatz von Gebauer et al. zur Einordnung der Lebenszufriedenheit der Muslime in der Minderheit weiter zu verfolgen: Unabhängig von der Richtung des Effekts zeigen sich die dargelegten Zusammenhänge schon nicht für die Mehrheitsgruppen. Weder für die muslimischen Befragten in der Türkei noch für die Nichtmuslime in Deutschland zeigt sich ein entsprechender Zusammenhang. Im Gegenteil besteht bei der Stichprobe der Nichtmuslime in Deutschland sogar ein schwacher positiver Zusammenhang zwischen höherer Religiosität und größerer Lebenszufriedenheit. Nach Gebauer et al. wäre im säkularen Deutschland eher ein negativer Zusammenhang zu erwarten. Möglicherweise spielt nicht die Religiosität der Gesamtgesellschaft, sondern die des näheren Umfelds die größere Rolle, inwieweit sich Religiosität positiv oder negativ auf die Lebenszufriedenheit auswirkt. So stellt sich die Frage, ob Gebauers Thesen für religiöse Minderheiten überhaupt plausibel sind, weil bei der Betrachtung gesellschaftlicher Subgruppen die Bedingungen religiösen Lebens vom gesellschaftlichen Mainstream stark abweichen können.

Die Daten des Religionsmonitors erlauben eine genauere Analyse der Zusammenhänge von Religiosität und Lebenszufriedenheit in Deutschland. Hierzu haben wir wiederum eine logistische Regression durchgeführt, die den Effekt der intellektuellen Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität, die Stärke der Religiosität gemäß Selbsteinschätzung, die Praxis in Form der Verrichtung des Pflichtgebets (das negativen Einfluss in Form von Rechtfertigungsdruck ausüben kann) sowie die religiöse Erfahrung (Gotteserfahrung als Hilfe zur Lebensbewältigung) in den Blick nimmt. Des Weiteren haben wir den Einfluss der Wahrnehmung der eigenen wirtschaftlichen Situation, der eigenen Gesundheit sowie soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht, Kinderzahl sowie Partnerschaftsstatus geprüft. Wir beschränken diese Auswertung wiederum auf die Sunniten in Deutschland: Insbesondere der Einbezug der alevitischen Befragten könnte mögliche Effekte konterkarieren, da beispielsweise die Verrichtung des Pflichtgebetes für sie nicht vorgeschrieben ist.

Vor der Berechnung einer logistischen Regression haben wir



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.